Tür 10! Das fünfzehnte Türchen ist auf!

Thu, 19 Nov 2020 06:01:58 +0000 von Lars Sven Lukas

„Siehe, ich mache alles neu!“

Da sehe ich ihn
in seinem Bett liegen. Das eigentlich gar nicht seins ist.
Sondern ausgeliehen. Vom Pflegedienst.
Da liegt er. So vertraut. Und doch so fremd.
Ich ziehe die Decke etwas glatter.
Streiche mit meinen Fingerspitzen über den Bettbezug – weiße, feste Baumwolle.
So wie früher. So, wie er es mag. Mochte.
Ich schaue mich um:
Alles so vertraut. Und doch so anders. Ganz alt. Und wie neu.
An der Wand das Bild vom Schäfer mit seinen Schafen. Ich gehe darauf zu und betrachte es von Nahem. Die Tiere stehen um den Schäfer herum auf einem Hügel unter dem Baum in der Mitte. Was für ein Baum das wohl ist? – schießt es mir durch den Kopf. Das hab’ ich mich noch nie gefragt. Seltsam. Warum gerade jetzt?
Mein Blick wandert weiter.
Die Sonne scheint durch das Fenster:
Staub tanzt in der Luft. Erst das Licht macht ihn sichtbar.
Ich gehe die zwei Schritte zurück zu seinem Bett. Sehe sein freundliches Gesicht.
Wie er entspannt da liegt. Als würde er eigentlich nur schlafen.
Gestern noch – da hat er meine Hand gedrückt. Nur ganz leicht. Aber es hat ihn seine ganze Kraft gekostet – ich hab es genau gespürt. Hat mich angesehen. Mit festem Blick.
Und gesagt: Wir schaffen das. Ich habe keine Angst.
Da wusste er es schon. Dass wir zwei verschiedene Wege vor uns haben. Er den seinen. Den er ganz alleine geht. Und ich – meinen. Mit den Kindern. Aber irgendwie – allein. Ohne ihn.
Ich spüre die Tränen in meinen Augen. Wie sie herauswollen.
Die ganzen Gefühle, die ich in mir trage.
Dankbarkeit. Und Trauer. Schmerz. Und Liebe. So viel Liebe.
Allein. Ja, das bin ich jetzt. Aber ich spüre auch:
Ich bin getragen.
Gott hält mich.

Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! (Offb 21,3ff)

Ich setze mich auf den Stuhl neben seinem Bett.
Wir schaffen das. Sage ich. Ich habe auch keine Angst.
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